Verkehrsrecht | 01.03.2017
Geisterfahrer auf dem Rad: Autofahrer haftet nicht!
Befährt ein erwachsener Fahrradfahrer einen Gehweg in entgegengesetzter Fahrtrichtung, handelt er in zweierlei Hinsicht grob verkehrswidrig, weshalb ein etwaiger Verstoß eines Autofahrers gegen § 10 StVO sowie die Betriebsgefahr dessen Fahrzeugs zurücktreten.
Dies hat das Amtsgericht Rastatt, Urteil vom 04.10.2016, Az. 16 C 242/15, entschieden.
Der Fall:
In dem zu entscheidenden Fall befuhr der klagende Fahrradfahrer – quasi als Geisterfahrer – einen Gehweg in entgegengesetzter Fahrtrichtung.
Der beklagte Autofahrer wollte von einem Parkplatz in den fließenden Verkehr einfahren. Hierbei kam es zwischen letzterem und dem Fahrrad fahrenden Geisterfahrer zur Kollision.
Mit seiner Klage begehrte der Geisterfahrer Schadensersatz und Schmerzensgeld.
Er war der Auffassung, der beklagte Autofahrer habe gegen § 10 StVO verstoßen.
Zu Recht?
Nein – das AG Rastatt weist die Klage zu Gunsten des durch unseren Partner Ralf Schulze Steinen vertretenen Autofahrers ab.
1.
Nach den §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 1, 4 und 5 StVO sei ein erwachsener Fahrradfahrer dazu verpflichtet, die Fahrbahn in der jeweiligen Fahrtrichtung zu benutzen.
Dabei sei es ihm nicht nur untersagt, mit dem Fahrrad den Gehweg in entgegengesetzter Richtung zu befahren. Vielmehr sei ihm grundsätzlich jegliche Nutzung des Gehweges mit dem Fahrrad untersagt.
Der Geisterfahrer habe mithin in zweierlei Hinsicht nach Auffassung des Gerichts grob fahrlässig gehandelt.
Er habe schwerwiegende Verkehrsverstöße begangen, die zum Kollision geführt hätten.
2.
Es könne in Anbetracht dessen auch dahinstehen, ob – was streitig sei – der Beklagte gegen seine sich aus § 10 StVO ergebenden, höchstmöglichen Sorgfaltspflichten verstoßen habe.
Denn im Hinblick auf die schwerwiegenden Verkehrsverstöße durch den Geisterfahrer bzw. Kläger träten sowohl ein etwaiger Verstoß des Autofahrers gegen § 10 StVO, als auch die Betriebsgefahr des von ihm geführten Fahrzeugs zurück.
Fazit:
Die Entscheidung des AG Rastatt ist zutreffend.
Ebenso entschieden u.a. auch das
OLG Dresden, Hinweisbeschluss vom 12.10.2012, 7 U 885/12
OLG Karlsruhe, Urteil vom 14.12.1990, 20 U 117/90.
Unser Mandant musste schlicht und ergreifend nicht damit rechnen, dass sich ein Geisterfahrer nähert.
Denn § 1 Abs. 2 StVO, gegen den der Geisterfahrer grob verstieß, schützt auch denjenigen, der von einem Parkplatz oder Grundstück in den fließenden Verkehr einfahren will
OLG Hamm, Urteil vom 13.10.1994, 27 U 153/93.
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