Verkehrsrecht | 15.10.2018

Restwertangebot der Versicherung: Wann ist es zu beachten?

Ein Unfallgeschädigter ist allenfalls dann dazu verpflichtet ein Restwertangebot der Versicherung des Unfallgegners anzunehmen, wenn es ihm annahmefähig unterbreitet wird, anders formuliert er also u. a. nur noch „Ja“ sagen muss.

Dies hat das Amtsgericht Karlsruhe, Urteil vom 27.04.2018, Az. 9 C 331/18 entschieden.

DER FALL:

In dem zu entscheidenden Fall erlitt das Fahrzeug des Klägers bei einem Verkehrsunfall einen wirtschaftlichen Totalschaden.

Der von ihm beauftrage Kfz-Sachverständige ermittelte auf dem regionalen Restwertemarkt einen Restwert i. H. v. 250,00 EURO.

Der Kläger erhielt nach Schadensbezifferung ein überregionales Restwertangebot der Versicherung des Unfallgegners, woraus sich ein Restwert i. H. v. 570,00 EURO ergab.

Im Übrigen blieben die Modalitäten des Restwertekaufs unklar.

Der Kläger beachtete das Restwertangebot der Versicherung nicht, vielmehr veräußerte sein Fahrzeug für 250,00 EURO.

Zu Recht?

DIE ENTSCHEIDUNG:

Ja – nach Auffassung des AG Karlsruhe war das Restwertangebot der Versicherung unbeachtlich.

1.

Der Restwert i. H. v. 250,00 EURO sei zutreffend durch den klägerseits beauftragten Kfz-Sachverständigen ermittelt worden.

Durch Veräußerung seines verunfallten Fahrzeugs zu diesem Preis habe mithin der Kläger dem Wirtschaftlichkeitsgebot hinreichend Genüge getan.

Insbesondere sei er auch nicht dazu verpflichtet gewesen, eine überregionale Marktforschung zu betreiben oder ein Restwertangebot der Versicherung abzuwarten.

2.

Besondere Umstände, aus denen sich betreffend das Restwertangebot der Versicherung etwas anderes ergäbe, lägen nicht vor.

Insbesondere stelle das überregionale Restwertangebot der Versicherung keine erheblich günstigere Verwertungsmöglichkeit dar, die Kläger hätte ohne Weiteres und zumutbar annehmen können.

Denn es ergebe sich hieraus vor allem nicht, dass der Kläger das Restwertangebot der Versicherung hätte einfach, etwa durch ein Telefonat, annehmen können.

Ob eine kostenlose Abholung gegen Barzahlung erfolge, ergebe sich aus dem Restwertangebot der Versicherung ebenfalls nicht.

PRAXISHINWEIS:

Die Praxis zeigt, dass Versicherer sämtliche Möglichkeiten und Wegen nutzen bzw. zu nutzen versuchen, um den zu regulierenden Betrag so gering wie möglich zu halten.

Das Unterbreiten irgendwelcher überregionaler Restwertangebote ist eine dieser „Kostensparmaßnahmen“.

Das AG Karlsruhe entscheidet richtig – und zwar auf Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

Diese lässt sich kurz wie folgt zusammenfassen:

1.

Ist der Restwert durch einen Sachverständigen korrekt ermittelt, darf der Geschädigte sein Fahrzeug grundsätzlich zu diesem Preis veräußern.

Er ist insbesondere nicht dazu verpflichtet, noch eigene Marktforschung zu betreiben und dabei die Angebote auch räumlich entfernter Interessenten einzuholen.

Er ist auch nicht dazu verpflichtet, einen Sondermarkt für Restwertaufkäufer im Internet in Anspruch zu nehmen.

Auch ist er nicht gehalten mit der Veräußerung zu warten, um dem Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer vor der Veräußerung die Gelegenheit zu geben, zum eingeholten Gutachten Stellung zu nehmen und gegebenenfalls bessere Restwertangebote vorzulegen –

BGH, Urteil vom 27.09.2016, VI ZR 673/15

2.

Korrekt ermittelt ist der Restwert dann, wenn der Sachverständige – in der Regel – 3 Restwertangebote auf dem regionalen Restwertemarkt einholt –

BGH, Urteil vom 13.01.2009 – VI ZR 205/08

3.

Lediglich im Ausnahmefall, dessen Vorliegen der Schädiger darzulegen und zu beweisen hat, kann der Geschädigte dazu verpflichtet sein, ein Restwertangebot der Versicherung anzunehmen.

Dies ist dann der Fall, wenn das Restwertangebot der Versicherung sofort und zumutbar annahmefähig ist.

Das kann anzunehmen sein, wenn die Annahme durch ein einziges Telefonat erklärt werden kann, das Fahrzeug kostenfrei an dessen Standort durch den Käufer abgeholt und sofort in bar gezahlt wird

BGH, Urteil vom 01.06. 2010 – VI ZR 316/09

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