Verkehrsrecht | 22.12.2021

Vorschaden in der Verkehrsunfallregulierung: Ein unlösbares Problem?

DER ÜBERLAGERNDE VORSCHADEN SPIELT IN DER VERKEHRSUNFALLREGULIERUNG EINE ERHEBLICHE ROLLE.

DER GESCHÄDIGTE BEFINDET SICH DABEI REGELMÄßIG IN EINER SCHWIERIGEN, ABER NICHT AUSSICHTSLOSEN (BEWEIS-) SITUATION.

IM ANSCHLUSS DIE GRUNDSÄTZE ZUM PROBLEM MIT DEM VORSCHADEN.

Vorschaden in der Verkehrsrunfallregulierung: Worum es geht, was die Probleme sind und wie sie gelöst werden können.

Vorschaden - Worum geht es?

Manchmal hat man einfach Pech:

Kaum hat es gekracht, scheppert es einige Zeit später erneut. Ein anderer Verkehrsteilnehmer ist unachtsam, zu schnell unterwegs oder hat den nötigen Sicherheitsabstand nicht eingehalten und fährt von hinten auf.

Glück im Unglück denkt der Geschädigte, denn wenigstens scheint die Haftung dem Grunde nach eindeutig. Wer einem anderen von hinten auffährt, haftet nämlich in der Regel voll für die dadurch entstandenen Schäden:

BGH, Urteil vom 13.12.2016 – VI ZR 32/16

Die Versicherung des Unfallgegners sieht das zwar auch so, wendet aber im Zuge der Verkehrsunfallregulierung ein, es liege ein Vorschaden vor. Deshalb könne nicht ohne Weiteres reguliert werden.

Es müsse vielmehr der Geschädigte den Nachweis bringen, dass die jetzigen Schäden nicht auf den vorangegangenen Verkehrsunfall zurückzuführen sind.

Wie bitte? Die Haftung dem Grunde nach ist doch eindeutig - und außerdem:

Woher weiß die Versicherung von dem Vorschaden ?

Aus dem sog. Hinweis- und Informationssystem der Versicherungswirtschaft (HIS). Dabei handelt es sich um eine "Auskunftei", in der Unfallschäden gespeichert werden. Sie soll insbesondere Versicherungsmissbrauch bekämpfen.

Und:

Es geht letztlich um die Frage nach der sog. haftungsausfüllenden Kausalität, also um die Frage, ob die geltend gemachten Schäden auf das - unstreitige - 2. Verkehrsunfallereignis oder eben auf das 1. Verkehrsunfallereignis zurückzuführen sind.

Auch die haftungsausfüllende Kausalität muss der Geschädigte als Anspruchsteller beweisen. Denn klar ist, dass der Zweitschädiger nicht für durch den Erstschädiger verursachte Schäden haftet.

Vorschäden - Die (Instanz-) Rechtsprechung ist streng!

Vorab:

Es geht hier nur um sog. überlagernde bzw. kompatible Vorschäden, d.h. um Schäden, die entweder im überlagerten oder im unmittelbaren räumlichen Nahbereich des Zweitschadens entstanden sind.

Nur in diesen Fällen kann der Vorschadeneinwand greifen.

Wird also beim 1. Verkehrsunfall von hinten aufgefahren und beim 2. der vordere, linke Schweinwerfer beschädigt, fehlt es an einer Überlagerung / Kompatibilität.

Ist hingegen von einer - auch nur teilweisen - Überlagerung / Kompatibilität der Schäden auszugehen, dann muss der Geschädigte mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausschließen, dass die nun geltend gemachten Schäden nicht auf einen vorangegangenen Schaden zurückzuführen sind - statt vieler

OLG Bremen, Urteil vom 30.06.2021 - 1 U 90/19

OLG Köln, Beschluss vom 27.12.2018 -16 U 118/18.

Insoweit hat der Geschädigte hohe Hürden zu nehmen:

Insbesondere ist konkret und im Einzelnen darzulegen und zu beweisen, welchen Umfang und Art der Vorschaden hatte. Außerdem ist konkret darzulegen und zu beweisen, dass und wie dieser fachgerecht beseitigt wurde (wann genau, von wem genau, wie genau und womit genau)- statt vieler

KG Berlin, Hinweisbeschluss vom 12.12.2011 - 22 U 151/11

OLG HammHinweisbeschluss vom 10.04. 2018 - 9 U 199/17.

Kommt der Geschädigte dem nicht nach, soll er leer ausgehen.

Ob diese Rechtsprechung so zutreffend ist, wie die hohen Hürden genommen werden und was der Geschädigte tun kann, wenn sich der Vorschaden beim Vorbesitzer ereignet hat, er also keinerlei diesbezügliche Kenntnis hat, erfahren Sie von unserem Partner:

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