Mietrecht | 24.05.2017

Betriebskostennachforderung: Zählen die Vorauszahlungen auch dazu?

Enthält eine Betriebskostennachforderung auch rückständige Betriebskostenvorauszahlungen, so werden diese nicht von dem sich aus § 556 Abs. 3 S. 3 BGB ergebenden Nachforderungsausschluss umfasst, da es sich nicht um Nachforderungen im Sinne dieser Vorschrift handelt.

 

Dies hat das LG Berlin, Urteil vom 27.01.2017, Az. 63 S 124/16, entschieden.

Der Fall:

In dem zu entscheidenden Fall begehrte der klagende Vermieter von dem beklagten Mieter eine Betriebskostennachforderung.

In der Betriebskostennachforderung waren auch monatliche Betriebskostenvorauszahlungen enthalten, die der Mieter nicht entrichtet hatte.

Die in der Betriebskostennachforderung enthaltenen Betriebskostenvorauszahlungen hatte der Vermieter allerdings erstmals im Zuge einer nach Verstreichen der Abrechnungsfrist des § 556 Abs. 3 S. 2 BGB dem Mieter zugeleiteten, korrigierten Betriebskostenabrechnung geltend gemacht.

Der Mieter berief sich darauf, dass eine inhaltliche Änderung der Betriebskostennachforderung zu seinen Lasten nach Ablauf der Abrechnungsfrist nicht mehr möglich sei.

Zu Recht?

Nein – das LG Berlin verurteilt den Mieter zur Zahlung der rückständigen Betriebskostenvorauszahlungen.

Es sei zwar grundsätzlich richtig, dass der Vermieter eine Betriebskostennachforderung bzw. Änderungen materieller Fehler einer Betriebskostenabrechnung zu Lasten des Mieters nach Ablauf der sich aus § 556 Abs. 3 S. 2 BGB ergebenden Abrechnungsfrist grundsätzlich nicht mehr geltend machen könne. 

Das gelte aber nicht, soweit die Betriebskostennachforderung auch die vom Mieter geschuldeten monatlichen Vorauszahlungen enthalte, die dieser aber nicht erbracht habe.

Denn hierbei handle es sich nicht um eine Nachforderung im Sinne von § 556 Abs. 3 S. 3 BGB. 

Fazit:

Die Vorschrift des § 556 Abs. 3 BGB lautet wie folgt

(3) Über die Vorauszahlungen für Betriebskosten ist jährlich abzurechnen; dabei ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Die Abrechnung ist dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. Der Vermieter ist zu Teilabrechnungen nicht verpflichtet. Einwendungen gegen die Abrechnung hat der Mieter dem Vermieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang der Abrechnung mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist kann der Mieter Einwendungen nicht mehr geltend machen, es sei denn, der Mieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten.

In § 556 Abs. 3 S. 3 ist also von „Nachforderung“ die Rede.

Fraglich ist, was hierunter zu verstehen ist:

Entweder ist damit jedwede Betriebskostennachforderung gemeint oder nur der Betrag, der die monatlich geschuldeten Betriebskostenvorauszahlungen überschreitet.

Hierzu entschied der Bundesgerichtshof, Urteil vom 31.10.2007 – VIII ZR 261/06, was folgt:

„Eine erst nach Ablauf der Jahresfrist gemäß § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB erteilte formell ordnungsgemäße Abrechnung steht der Geltendmachung von Nachforderungen entgegen (§ 556 Abs. 3 Satz 3 BGB), die sich auf nach dem 1. September 2001 endende Abrechnungsperioden beziehen. Um Nachforderungen in diesem Sinne handelt es sich aber begrifflich nur, wenn der Vermieter nach Ablauf der zwölfmonatigen Abrechnungsfrist einen Betrag verlangt, der eine bereits erteilte Abrechnung oder, falls er eine rechtzeitige Abrechnung nicht erstellt hat, die Summe der Vorauszahlungen des Mieters übersteigt. Dies gilt entsprechend, soweit der Mieter geschuldete Vorauszahlungen nicht erbracht hat. Nebenkosten bis zum Betrag der geschuldeten Vorauszahlungen kann der Vermieter deshalb auch aufgrund einer nach Ablauf der Abrechnungsfrist erteilten Abrechnung geltend machen; auf ein etwaiges Zurückbehaltungsrecht wegen unterbliebener Abrechnungen kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.“

Dem schließt sich das LG Berlin an.

Unserer Meinung ist das zutreffend, auch wenn die Erfahrung leider zeigt, dass viele Instanzgerichte den Begriff der „Nachforderung“ falsch verstehen – oder verstehen wollen.

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